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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Celle
Beschluss verkündet am 21.10.2002
Aktenzeichen: 6 W 121/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115
1. Die Antragstellerin von Prozesskostenhilfe ist im Rahmen von § 115 Abs. 2 ZPO verpflichtet, auch den Miteigentumsanteil eines von ihr nicht selbst bewohnten Hausgrundstücks einzusetzen.

2. Dies gilt auch dann, wenn dieses Hausgrundstück bisher mietfrei von einer Tochter der Antragstellerin und deren Kindern bewohnt und diese laufend Hilfe zum Lebensunterhalt durch das Sozialamt beziehen.


6 W 121/02

Beschluss

In dem Rechtsstreit

pp.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle auf die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors vom 12. September 2002 gegen den Beschluss des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Lüneburg vom 22. Juli 2002 durch den Richter am Oberlandesgericht ####### am 21. Oktober 2002 beschlossen:

Tenor:

Der angefochtene Beschluss wird insoweit aufgehoben, als der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne aus dem Vermögen zu zahlende Beträge bewilligt wurde.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet.

1. Die Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde ergibt sich aus § 127 Abs. 3 S. 1 und 2 ZPO. Hiernach findet gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Die Beschwerde kann hierbei nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. So liegt es hier.

Die einmonatige Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. § 127 Abs. 3 S. 3 i. V. m. § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO ist gewahrt. Sie beginnt mit der Bekanntgabe des Beschlusses. Die Entscheidung wird der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt (§ 127 Abs. 3 S. 6 ZPO). Ausweislich der Mitteilung des Bezirksrevisors beim Landgericht Lüneburg vom 18. Oktober 2002 ist die Akte am 12. September 2002 im Rahmen einer Zufallsauswahl abgefordert worden (Bl. 43 PKH-Heft). An diesem Tag wurde auch die sofortige Beschwerde erhoben (Bl. 26 f. PKH-Heft), die am selben Tag dem Einzelrichter der 5. Zivilkammer vorgelegt wurde (Bl. 27 R PKH-Heft).

2. Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Der Antragstellerin durfte nicht Prozesskostenhilfe ohne Einsatz von aus ihrem Vermögen zu zahlenden Beträgen bewilligt werden. Gem. § 115 Abs. 2 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 88 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) gilt entsprechend. Hiernach gehört zum Vermögen das gesamte verwertbare Vermögen des Bedürftigen (§ 88 Abs. 1 BSHG). Es liegt auch keiner der Ausnahmetatbestände des § 88 Abs. 2 BSHG (sog. Schonvermögen) vor. Nach § 88 Abs. 2 Nr. 7 S. 1 BSHG darf die Sozialhilfe - und damit hier entsprechend die Bewilligung von Prozesskostenhilfe - nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder von der Verwertung eines angemessenen Hausgrundstücks, das vom Hilfsbedürftigen allein oder zusammen mit Angehörigen ganz oder teilweise bewohnt wird.

Hieraus folgt, dass zum Schonvermögen nur ein - zumindest auch - selbst genutztes Objekt zählt (BGH FuR 2001, 138; OLG Köln OLGR 1994, 91; OLG Hamm Rpfleger 1984, 432; Musielak-Fischer, ZPO, 3. Aufl., § 115 Rdnr. 46; Zöller-Philippi, ZPO, 23. Aufl., § 115 Rdnr. 53). Diese Voraussetzung liegt hier nicht vor. Die Antragstellerin bewohnt ein selbstgenutztes Hausgrundstück in #######, während das Hausgrundstück ####### in #######, an dem der Klägerin ein hälftiger Miteigentumsanteil zusteht, von ihrer Tochter und deren Kindern bewohnt wird. Die Antragstellerin hat deshalb zur Aufbringung der Prozesskosten auch ihren Miteigentumsanteil an dem Hausgrundstück einzusetzen, da dieses nicht zumindest auch von ihr bewohnt wird (zu einer ähnlichen Fallkonstellation vgl. OLG Hamm, a. a. O.).

Ob eine erweiternde Auslegung des § 88 Abs. 2 Nr. 7 S. 1 BSHG dahin möglich ist, dass der Einsatz von Immobilienvermögen auch dann nicht zumutbar ist, wenn dieses alleine von Angehörigen bewohnt wird, erscheint bereits aufgrund des eindeutigen Wortlauts zweifelhaft (vgl. OLG Hamm, a. a. O.). Jedenfalls würde dies in jedem Fall eine sog. Bedarfsgemeinschaft zwischen dem Antragsteller und den im Hause lebenden Angehörigen voraussetzen. Dies ist hier indessen nicht der Fall, da die Antragstellerin räumlich weit entfernt von ihrer Tochter und deren Kindern wohnt und auch nicht ersichtlich ist, dass die Antragstellerin Unterhaltszahlungen an ihre Tochter leistet.

Unerheblich ist es demgegenüber, ob und inwieweit die Tochter der Antragstellerin, die das Objekt ####### mietfrei bewohnt, ihrerseits Sozialhilfe bezieht und bei einer Verpflichtung zur Mietzinszahlung gegenüber der Antragstellerin einen entsprechenden Anspruch auf Wohngeld hätte. Maßgebend nach § 115 ZPO i. V. m. § 88 BSHG ist alleine, inwieweit dem Antragsteller selbst der Einsatz seines Vermögens zumutbar ist oder nicht. Demgegenüber kommt es nicht darauf an, inwieweit der Einsatz dieses Vermögens gegebenenfalls für Angehörige des Antragstellers zumutbar ist oder nicht. Abgesehen davon richtet sich der Anspruch auf Prozesskostenhilfe der Antragstellerin einerseits sowie ein möglicher Wohngeld- bzw. Sozialhilfeanspruch ihrer Tochter andererseits gegen unterschiedliche Leistungsträger, nämlich im ersten Fall gegen das Land ####### und im zweiten Fall gegen die Stadt #######.

Im weiteren Verfahren wird zu klären sein, welchen Mietwert der Miteigentumsanteil an dem Grundstück ####### in ####### hat und inwieweit es für die Antragstellerin möglich und zumutbar ist, diesen zum Bestreiten der Prozesskosten einzusetzen.

Ende der Entscheidung

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